Sport und Krawatte
Eigentlich wird Krawattenträgern ja gerne eine gewisse Bewegungsarmut unterstellt. Dass dieses Vorurteil offenbar wenig mit der Realität zu tun hat, zeigt eine aktuelle Umfrage. Erfasst wurden dabei die Freizeitgewohnheiten von über 100 zufällig angesprochenen Passanten in Verbindung damit, wie häufig sie Krawatten tragen. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick überraschend: nicht mit sich kaum rührenden Schreibtischtätern haben wir es hier zu tun, sondern mit aktiven Menschen, die auch sportlich mit beiden Beinen im Leben stehen.
77% der häufig Krawatte tragenden Versuchspersonen gaben an, als Hobby mindestens eine Sportart zu betreiben. Am häufigsten genannt wurden hier Radfahren und Fußball. Im Vergleich dazu lag der Anteil der sportlich Aktiven bei Krawattenverweigerern um gerade einmal 65%.
Krawattenträger sind also offenbar aktiver – wie etwa das Beispiel eines 72-Jährigen zeigt, der als Lieblingshobby die Trendsportart Inline-Skating angegeben hat. Nach eigenen Angaben geht er fast nie ohne eine Krawatte aus dem Haus.
Nun hat die Verbindung von Sport und Krawatte in neuerer Zeit ohnehin eine lange Tradition. So banden sich etwa 1880 die Ruderer des Ruderclubs vom britischen Exeter College nach einem gefeierten Sieg kurzerhand ihre in den Vereinsfarben gestreiften Hutbänder um den Hals – und erfanden mit dieser modischen Großtat kurzerhand die Clubkrawatte, die neben den traditionellen Regimentskrawatten immer noch die Krawattentradition der angelsächsischen Inseln bestimmt. Traditionsbewusst trägt man seither in Großbritannien Krawatten in den Farben seines Clubs oder Colleges – wobei es dort noch verpönt ist, Farben eines Clubs zu tragen, dem man nicht angehört. Hierzulande hat man mehr Freiheiten und kann die Krawattenfarben rein nach persönlichem Stilgefühl auswählen.
Ein weiteres Beispiel für die sportliche Geschichte des Binders ist das Plastron. Diese schalähnliche Krawattenform wird auch als Ascot bezeichnet – was die Herkunft schon erahnen lässt. Traditionell trugen die sportbegeisterten Briten diese Krawattenkreation vor allem zu Pferderennen in der gleichnamigen Stadt. Für Herren waren Cutaway und Zylinder zwingend vorgeschrieben, wie es der in sein Spiegelbild vernarrte Konsul George Bryan Brummell, der als der Musterbegriff des modebewussten Dandys in die Geschichte einging, um 1800 festlegte. Der begeisterte Pferdenarr und Vertraute von Georg IV. pflegte seine Schuhe mit Champagner zu putzen und hielt sich drei verschiedene Friseure, machte aber nicht desto trotz die bis dahin in England eher unbekannte Krawatte zum Modetrend.
Heute wird das Plastron nach wie vor zum Cut, aber auch als besonders festliche Variante zur Hochzeit getragen. Dort bleibt diese Halszier allerdings dem Bräutigam vorbehalten.
Mit Beginn der industriellen Revolution setzte sich der klassische Langbinder gegenüber seinen breiten historischen Vorbildern durch und wurde in Frankreich vor allem bei Sportseglern beliebt. So wurde der Begriff "Régate" für ein Wettsegeln kurzerhand auf die dazugehörige Krawatte übertragen.
Mindestens ebenso enthusiastisch wie bei den Exeter-Ruderern und den französischen Seglern ging es bei der ersten Fußballweltmeisterschaft aller Zeiten zu: bei der Premiere in Uruguay 1930 waren für den Schiedsrichter zwar Shorts nicht anrüchig, auf die Krawatte zu verzichten, wäre hingegen ein Fauxpas gewesen.
Und während auf dem Platz die Krawatte mittlerweile nicht mehr dazugehört, so zeigen sich gerade Fußballteams in der Öffentlichkeit immer noch gerne mit einheitlichem Binder. Sportler und Funktionäre tragen Krawatten in Vereinsfarben oder auffallenden Tönen. Das Krefelder Krawatteninstitut und das Deutsche Institut für Herrenmode wählten gar 2003 die Fußballmannschaft Borussia Mönchengladbach kollektiv zum "Krawattenmann des Jahres".
Möchten sie sich ein Beispiel am Sportsgeist vergangener Epochen nehmen, können sie gerne die Farben ihres Lieblingsvereins um den Hals binden. Vielleicht in Form einer klassischen Regimentskrawatte oder eines dezenten Business-Binders mit breiten Streifen?
Doch auch so können sie sich mit einer modischen Krawatte als aktiver Mensch präsentieren. Auf dem Vormarsch sind schmale Krawatten, gerne auch einfarbig und in edlem Satinglanz. Auf dem Golfplatz kommt auch ein lässiger Krawattenschal sicher nicht schlecht an. Er wirkt nicht ganz so förmlich wie eine Krawatte, verbreitet aber dennoch einen Hauch von Eleganz.
Sportliche Karo-Designs und verspielte Paisleymuster heben sie aus der Masse heraus. Gerade zum Casual-Look mit Sport- oder Tweedsakkos empfehlen sich hier warme Brauntöne.