Kleines Einmaleins der Hemdenstoffe
Das Kernstück einer guten Businessgarderobe ist und bleibt der Anzug. Aber auch die Krawatte ist unverzichtbare Bedingung für ein professionelles Auftreten. Ständig unterschätzt wird aber das Kleidungsstück, das die Krawatte erst einrahmt und den Anzug abrundet: das Hemd.
Über die richtigen Kragenformen zu bestimmten Krawattenknoten sind inzwischen ganze Bibliotheken geschrieben worden. Auch die Debatte zwischen Befürwortern und Gegnern der Umschlagmanschette hat inzwischen dogmatische Züge angenommen. Taillierte Hemden in Läden mit eher jüngerer Zielgruppe stehen wahren Zelten bei manchem Herrenausstatter gegenüber. Und selbst über Details wie Knopfleisten lässt sich trefflich streiten.
Dabei wird gerne ein wesentliches Detail außer Acht gelassen. Denn es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen Hemden und etwa Einstecktüchern oder Krawatten: Ein Hemd wird am Körper getragen. Oft genug sogar ohne Unterhemd darunter. Da stellt sich die Frage nach dem richtigen Material. Denn nicht alles, was gut aussieht, trägt sich auch gut. Auch die Pflegeeigenschaften sind nicht ganz unwesentlich. Denn da man ein Hemd nicht länger als einen Tag am Stück anziehen sollte, werden Hemden logischerweise oft gewaschen und – im Idealfall – ebenso oft gebügelt.
Das wohl häufigste Material für Oberhemden ist nach wie vor Baumwolle. Doch Baumwolle ist nicht gleich Baumwolle. Je nach Webart und Verarbeitung können die Trageeigenschaften massiv voneinander abweichen.
Weiche Qualitäten wie Baumwollflanell eignen sich wunderbar für Freizeit- oder Outdoorhemden. Aber im Büro sollten Sie besser darauf verzichten. Sie sind zwar bequem, sehen aber sehr rustikal aus. Sie eignen sich hervorragend für den Jagdausflug oder für die Treckingtour – oder vielleicht auch noch als lässige Freizeitgarderobe.
Das gleiche gilt auch für Hemden aus Wolle. Sie können zwar warm sein, sehen aber emist nicht besonders elegant aus.
Finger weg von Hemden aus Denim! Diese Ungetüme waren in den 80'er Jahren sehr beliebt. Gut sahen sie schon damals nicht aus. Sie sind zu grob für ein Hemd, kratzen und erinnern an einen Mechaniker-Overall.
Ein echter Klassiker sind Oxford-Stoffe. Verschiedene Farben in Kett- und Schussfäden lassen diese Webart leicht farbig schimmern und macht sie zur optimalen Wahl für farbige Businesshemden.
Bei edlen Abendhemden kommt häufig auch Voile zum Einsatz. Diese Baumwollqualität ist sehr fein und dadurch leicht durchschimmernd. Wer es nicht ganz so durchsichtig mag, wählt den etwas schwereren, aber immer noch sehr fein gewebten Batist aus hochwertigen Garnen.
Die erste Wahl für hochwertige Businesshemden ist und bleibt Sea-Island-Baumwolle. Dieser König der Baumwollstoffe besteht aus Baumwollgewebe mit einer besonders hohen Schusszahl. Bis zu 140 Fäden pro Inch geben dieser Stoffqualität eine schwere, leicht seidige Haptik. Natürlich haben solche Qualitätshemden ihren Preis. Aber es lohnt sich. Die Baumwolle trägt sich hervorragend. Auch Muster kommen auf diesem Stoff exzellent zur Geltung.
Einfachere Hemden bestehen meist aus gewöhnlichen Popeline-Geweben. Bei diesem Gewebe in Leinwandbindung werden mehr Schuss- als Kettfäden verwendet. Vollzwirn-Popeline besteht aus verzwirnten Baumwollgarnen. Auch Baumwolltwill-Hemden sind hier sehr beliebt. Diese Hemden mit ihrer charakteristisch diagonalen Struktur sind in Köperbindung gefertigt und etwas schwerer als Popeline.
Im Sommer sieht man auf den Straße teilweise Leinenhemden. Nun, zu besonders lässigem Freizeitoutfit gehen die im Zweifelsfall noch in Ordnung. Für die förmlichere Garderobe sind sie nicht nur zu locker, sondern neigen extrem zum Knittern.
Oftmals werden gerade im mittleren Preissegment den Stoffen zusätzlich Kunstfasern beigegeben. Eine kleine Beimischung von um die 10% muss dabei nicht unbedingt schlecht sein. Ein so aufgerüstetes Hemd lässt sich nämlich wesentlich leichter bügeln und knittert weniger. Dabei trägt sich so ein Mischgewebe nicht viel schlechter. Oftmals werden allerdings auch reine Baumwollstoffe entsprechend bearbeitet, um ähnliche Eigenschaften aufzuweisen.
Knifflig wird die Sache bei Seidenhemden. Und nein, damit ist nicht der glänzende Fetzen mit dem Hawaii-Motiv gemeint, den Sie aus Ihrem letzten Urlaub mitgebracht haben. Ein gutes Seidenhemd ist der pure Luxus. Allerdings können Sie für ein wirklich gutes Businesshemd aus reiner Seide auch Ihre kompletten Ersparnisse hinblättern.
Manchmal, gerade bei Abendhemden im mittleren Preisbereich, wird auch der Baumwolle Seide zugesetzt, um den seidigen Glanz auch bei einem Baumwollhemd zu erzielen. Der Tragekomfort ist noch ein wenig besser als bei einem reinen Baumwollhemd, und das Kleidungsstück bleibt erschwinglich.
Nur eines sollten Sie vermeiden: Hemden aus reiner Kunstfaser. Sie schwitzen stärker darunter, das Hemd klebt am Körper, scheuert... Auch wenn heutige Synthetikhemden gar nicht mehr immer nach Synthetik aussehen, den Ärger sind die ein, zwei Euro Ersparnis nicht wert.