Kleidungsregeln und wie man sie umgeht
Darf's auch etwas mehr sein?
Je klassischer das Outfit wird, desto mehr gilt es, sich an teils alte, teils neue ungeschriebene Gesetze zu halten. Natürlich, abends in der Kneipe spielt es kaum eine Rolle, ob Sie im gebügelten Oberhemd oder im Ed-Hardy-T-Shirt auflaufen (, und seien wir mal ehrlich, so schlecht sehen die Teile gar nicht aus). Doch wenn es gilt, im Anzug zur Arbeit zu gehen, kann schon eine Krawatte in der falschen Farbe zum Problem werden. Noch schwieriger ist der große Bereich dazwischen. Business Casual ist mindestens genau so von inoffiziellen Kleidernormen bestimmt wie die Anzugmode – nur ohne die festen Anhaltspunkte,die einem dort das Leben enorm erleichtern können.
Die Herrenmode hat im Laufe der Jahrzehnte eine Vielzahl von Regeln erdacht, um die Gefahr modischer Fehlschläge zu verringern. Manche davon sind überholt oder einfach willkürlich (wer etwa immer noch meint, Jeans seien nur etwas für langhaarige Rocker, hat die letzten Jahrzehnte offenbar im Winterschlaf verbracht), die meisten machen aber komischerweise auch nach Jahrzehnten noch Sinn. Eine Regel wie etwa das klassische „No Brown in Town“ hatte einen sehr praktischen Hintergrund, als der Gentleman seine karge Freizeit noch auf der Jagd oder auf schlammdurchtränkten Landgütern und Golfplätzen verbrachte. Da durften die in Grün- und Brauntönen gehaltenen Schuhe ruhig dreckig werden, und für die Stadt kamen dann die wasserpolierten schwarzen Oxfords zum Zuge. Heutzutage können Sie auch ohne Probleme braune Schuhe (gerne etwas rötlich) in der Stadt zum dunkelblauen Anzug kombinieren. Das sieht zum einen smart aus, zum anderen vermeidet es, dass sich das Blau des Anzugs mit dem Schwarz der Schuhe beißt. Achten Sie nur darauf, dass auch Ihr Gürtel dazu passt. Und idealerweise auch noch Ihr Uhrenarmband.
Der Bereich, in dem Sie am meisten Spielraum haben, ist zugleich der, in dem dieser Spielraum am wenigsten genutzt wird. Wer aus Furcht vor den mittlerweile sprichwörtlich gewordenen weißen Tennissocken sich auf schwarze Strümpfe beschränkt, macht natürlich im Normalfall nichts falsch und hält sich an jede überkommene Regel. Es sei denn, er trägt die guten Fußlappen zu einem weißen oder blauen Anzug. Ein wahrer Könner hingegen bezieht sie mit ein. So spricht nichts dagegen, etwa zum braunen Tweedsakko und der grauen Flanellhose die Strümpfe in Braun zu wählen – gerne auch eine Stufe dunkler als das Jackett. Vielleicht sogar kariert, wenn Sie mögen. Stilikonen wie Cary Grant oder Gary Cooper schafften es schon in den strengen 60er Jahren, kunstvolle Ensembles aus Strumpf, Krawatte und Einstecktuch zu kombinieren. Aber Vorsicht! Derart kühne Experimente sind nichts für Anfänger.
Vielleicht versuchen Sie es zunächst nur mit ein wenig Muster. Das wirkt allerdings nur, wenn Sie auch oberhalb der Gürtellinie ein ähnlich präsentes Muster zeigen. Sonst kippt der Gesamteindruck nach unten. Wenn Sie etwas mutiger sind, nehmen Sie vielleicht im Muster den Farbton Ihrer Krawatte wieder auf.
Und dennoch: ganz überholt sind die guten alten Regeln nicht. So sollte etwa eine Krawatte immer dunkler als das Hemd sein. Nicht um eine Regel zu erfüllen, sondern weil sonst der Kontrast zwischen Anzug und Hemd nicht mehr stimmt. Das beste Krawattenmuster im Business sind nach wie vor Streifen. Und zwar, weil sie den Blick automatisch auf das Gesicht lenken. Ob man einen Button-Down-Kragen inzwischen mit Krawatte tragen kann, ist umstritten.
Und doch: letztlich sind es solche Kleinigkeiten, die entscheiden, ob Sie gut aussehen, oder nur konventionell. Kennen Sie jede Regel, jedes Auf-Nummer-Sicher-Gehen, jede klassische Konvention. Und dann gehen Sie heraus und spielen damit. Denn erst dann fängt der Spaß an. Und mit ihm die Eleganz.