Krawatten als Sammelobjekt
Oh, mein Gott, was sind wir kultiviert. Wir achten peinlichst genau auf unsere Redeweise, unsere Ernährung, unsere Frisur. Selbst unser Musikgeschmack zeugt noch von über Jahrzehnte verfeinerter Genusskultur. Und natürlich würden wir nie mit ungeputzten Schuhen aus dem Haus gehen oder gar Hemd mit Button-Down-Kragen und Krawatte kombinieren, wenn wir bei einem edlen Glas alten Rotweins im Steakhaus sitzen und uns ein halbrohes Stück Rind zwischen die Eckzähne schieben – was war das? Blutig? Grob? Rustikal? Ja, aber lecker. Denn auch wenn wir es nicht gerne zugeben, manchmal kommen die Urinstinkte durch. Und da sind wir doch noch ein kleines Bisschen (!) darauf programmiert, unsere Beute mit den Zähnen zu erlegen.
Doch auf keinem anderen Gebiet kommt dieses Erbe so zum Tragen wie bei blinder Sammelleidenschaft. Als alter Jäger und Sammler immer auf der Suche nach neuem, noch spektakulärerem. Briefmarken? Gelten schnell als ein wenig langweilig. Plüschbären? Man(n) ist doch kein Kleinkind. Und so sucht sich die Sammelfreude ein Ziel, das männlich und kultiviert zugleich ist: Die Krawatte. Ist sie für manchen eher eine unbequeme Notwendigkeit, so wird jeder regelmäßige Krawattenträger ohne weiteres zugeben müssen, dass er deutlich mehr gepunktete, einfarbige oder gestreifte Krawatten im Schrank hat als nötig. Denn sammeln macht Spaß.
Wer bei Vorbeigehen am sanft nach Mottenkugeln und Wäschestärke duftenden Geschäft eines Herrenausstatters eine Krawatte erspäht, die genau das zu sein scheint, was er immer gesucht hat, der ist rettungslos verloren. Wie? Sie kaufen diese Krawatte trotzdem nicht? Doch. Tun Sie. Wenn nicht heute, dann morgen. Oder Sie ärgern sich jahrelang, dass Sie sie nicht gekauft haben. Das hinreißende Muster! Die perfekten Farben! Das ist DIE Krawatte – genau wie die letzten paar hundert. Natürlcih: nach ein paar Malen landet das gute Stück irgendwo in den Tiefen des Kleiderschranks. Schon allein, weil man sie unter den Neuerwerbungen nicht findet. Wer also Zugriff auf seine gesamte Sammlung bewahren will, muss sich etwas einfallen lassen.
Kenner schwören darauf, Krawatten zusammengerollt in einer flachen Schublade aufzubewahren. Das ist in der Theorie schon nicht übel. Noch griffbereiter aber wirken sie mit einer nützlichen Spielerei: dem Krawattenkarussell.
Von der Art und Weise her handelt es sich einfach um eine Art von Krawattenbügel. Nur dass viele Krawatten daran ihren Platz finden und wie in einem Karussell vorbeigezogen werden könne. Spannendere Modelle lassen die Binder gar batteriebetrieben an Ihnen vorbeifahren, bis Sie die gefunden haben, die Sie suchten.
Und so können Sie eben nicht nur hin und wieder beim Blick in den Kleiderschrank in Ihrer Krawattensammlung und den damit verbundenen Erinnerungen schwelgen. Sie können nicht nur mit dem Blick des stolzen Besitzers über den glatten Seidenstoff streichen. Sie können die Krawatten auch für jenen Zweck nutzen, für den sie ursprünglich geschneidert wurden: als das männlichste aller Schmuckstücke, perfekt auf Einstecktuch, Hemd und Manschettenknöpfe abgestimmt.